Helle und Dunkle Zeiten

 Teil 1

von September 1997 bis September 2009


Von 1991 bis 1997 verlängerten sich aufgrund des stabilen Gesundheitszustandes meine computerthomografischen Untersuchungen von einem zwei-monatigen auf ein jährliches Recall. Es wurde so zur Routine. Also ging ich frohen Mutes Anfang September 1997 in die Radiologie zur Computerthomografie. Froh wie ich gekommen war, ging ich auch wieder nach Hause. Ich vergaß den Termin und fieberte meinem Geburtstag entgegen. Ich hatte für gute Freunde wieder ein tolles Essen gezaubert und es wurde bis spät in die Nacht hinein gefeiert. Erstmalig bekam mir die Feier diesmal nicht so gut wie sonst. Tage später bekam ich im oberen Rücken unerklärliche Stiche und ich machte mir bezüglich meiner Gesundheit wieder erstmals Gedanken. Aber dass es etwas ernsthaftes oder lebensbedrohliches sein könnte, daran dachte ich in dem Moment noch nicht. Ende des Monats bekam ich vom Krankenhaus eine Aufforderung nach Hause geschickt, zur nochmaligen radiologischen Abklärung. Naiv dachte ich nur: „Die Bilder sind bestimmt verwackelt, die müssen sie nochmals machen". Ich erhielt am 10. Oktober 1997 also fast sechs Wochen nach der ersten Untersuchung einen neuen Termin. Ich war ziemlich unruhig. Inzwischen verstärkten sich meine Beschwerden im oberen Rücken und ich fuhr zur Untersuchung mit gemischten Gefühlen. Danach wollten die Radiologen mich sofort wieder nach Hause schicken, aber ich wollte unbedingt die Wahrheit erfahren. Erstmals fühlte ich mich wie ein unmündiges Kind in dieser Klinikatmosphäre. Ich begehrte auf und bestand auf die Mitteilung meiner Befunde. Ich wollte mich nicht abschieben lassen. Ich war für die „so lästig", so habe ich es empfunden. Ein dienst-habender Oberarzt führte mich unfreundlich und unwillig in ein Arztzimmer und schmetterte mir schonungslos die Wahrheit an den Kopf: „Sie haben Lungenmetastasen", „Ja, Lungenmetastasen", „Da kann man nichts mehr machen", „Nur Chemotherapie", „Wenn überhaupt", „Gehen Sie nach Hause", „Sie werden benachrichtigt". Ich war schockiert. Ich habe später immer wieder erfahren müssen, dass Patienten, die mitdenken und alles hinterfragen, als unliebsam, undankbar, unbequem und lästig empfunden werden. Ich ging sofort zurück in das Krankenhaus, welches die Computertomographie angeordnet hatte, die Frauenklinik. Dort wollte ich dem Professor der Abteilung vorstellig werden. Ich bekam an diesem Freitag nur zögernd und widerstrebend einen Vorstellungstermin. Was ich störend, taktlos und unmöglich fand, war die Tatsache, dass der Professor in dieser Situation nicht allein, sondern mit seiner kompletten Ärzteschaft, so an die zehn Ärzte, mit uns ein Gespräch führte. Ich hätte mir lieber ein Gespräch unter sechs Augen gewünscht. Wir saßen auf unseren Stühlen wie zwei kleine Würstchen, die vorgeführt werden. Aus mir brach es heraus: „Warum musste ich sechs Wochen auf einen neuen Termin warten? Sie haben doch schon seit fünf Wochen die Befunde aus der Radiologie von mir vorliegen!! Man hätte doch schon längst etwas machen können?!". Der Professor wurde verlegen und entschuldigte die verspätete Benachrichtigung mit Überlastung des Schreibzimmers. Wir fühlten uns nicht richtig informiert und aufgeklärt. Diese Erklärung konnte und wollte ich nicht akzeptieren, denn in meinem Fall hat es sich nicht um eine Karies an einem Zahn gehandelt, sondern um Lungenmetastasen in großer Zahl. Nach meinem Dafürhalten hätte eine Therapie zu einem früheren Zeitpunkt größeren Erfolg gehabt. Der Professor empfahl mir eine Lungenpunktion, um festzustellen, ob es sich bei den Metastasen um eine neue Erkrankung handelt oder um die gleiche wie 1991. Was blieb mir auch anderes übrig. Ich war der Ärzteschaft ausgeliefert. Bestürzt fuhr ich mit meinem Ehemann erst einmal nach Hause. Dort angekommen, brach für uns unsere heile Welt zusammen. Wir dachten, jetzt muss ich sterben, jetzt ist das Ende gekommen. Wir waren so geschockt und traurig, dass wir keinen klaren Gedanken mehr fassen konnten. Wir klagten alles und jeden an. Uns konnte keiner helfen. In dieser Situation denke ich, wird man seinen Mitmenschen sehr ungerecht gegenüber. Aber das ist wohl menschlich. Wir, unsere Familie und unsere Freunde waren mit dieser niederschmetternden Hiobsbotschaft total überfordert. Ich wünsche selbst meinem größten Feind nicht, eine solche Erfahrung machen zu müssen. Am Montag fuhr ich dann zur Punktion ins Krankenhaus. Man versuchte computer-tomografisch eine Metastase, die an der äußeren Lungenwand saß, zu punktieren. Ich glaubte, man würde mir für diesen Eingriff eine leichte Narkose setzen, aber man betäubte nur die Haut und ich musste bei vollem Bewusstsein die Prozedur ertragen. Der Oberarzt stach sogar, nach seiner Äußerung zu tief, und so schmeckte ich etwas ungewöhnliches in meinem Mund. Auf meine Frage, ob das Blut sei, sagte man einfach ja. Mir wurde schwindelig und ich war einer Ohnmacht nahe. Nur durch das sofortige Eingreifen der Op-Helfer, wurde meine Ohnmacht durch Beine hoch legen, Sauerstoffgabe und leichte Schläge ins Gesicht verhindert. So wurde ein Kollabieren der Lunge verhindert. Als es mir wieder besser ging, sagte der Oberarzt: „So, ich habe mein bestes getan, sie haben ihr bestes getan, aber gebracht hat es glaube ich, nichts". Damit wurde ich entlassen. Zurück in meinem Krankenbett empfand ich diese Art der Behandlung eines Patienten unwürdig und abscheulich. Die Biopsie hatte nichts ergeben, so war also die Untersuchung vergebens gewesen und alle Aufregung, Schmerzen und das Ausgeliefertsein umsonst gewesen. Auf meine Frage warum denn nun das MRT vor dem Eingriff gemacht wurde, bekam ich die lapidare Antwort „aus Studien- Gründen“. Auf dem Zimmer zurück, hat man mich dann wie ein Stück Vieh auf einem Laken auf die Trage und in den Krankentransporter wieder von der Frauenklinik in die Medizinische Klinik gefahren, um ein Röntgenbild machen zu lassen. Man ließ mich danach auf der Trage drei Stunden im kalten Hausflur des Krankenhauses liegen, da kein Krankentransport zur Verfügung stand. Durch die erwähnten Vorfälle fühlte ich mich in dieser Klinik nicht mehr gut aufgehoben und verlor das Vertrauen in diese Ärzte. Schon am nächsten Tag telefonierte ich vom Krankenbett aus mit einer anderen Fachklinik für Onkologie. Ich bekam sofort nach der Entlassung aus dem Krankenhaus einen Termin bei dem Chefarzt der Fachklinik. Ich fasste sofort Vertrauen und begab mich zur Behandlung in seine Hände. In dieser Klinik musste ich mich einer viermonatigen starken Chemotherapie unterziehen. Es war wie ein Horrortrip. Ich fühlte mich so ausgeliefert. Ich hatte so große Angst. Chemotherapie. Davor hat doch jeder Mensch Angst. Ich war psychisch so angeschlagen, dass mein Ehemann, alle meine Freunde und Familie mit der neuen Situation nicht mehr umgehen konnten. Wenn ich an meine erste intravenöse Chemotherapie denke, läuft es mir noch kalt den Rücken herunter. Ich hatte nie gute Venen. Es war eine Tortour. Durch meine große Angst hatte ich mich psychisch so verkrampft und mein Körper entwickelte nur noch Abwehr. Der Arzt fand nicht so recht die Venen und stach mehrmals in meine Hände. Durch die Aufregung musste ich mich sofort nach der ersten Flasche Chemo, die ich intravenös bekam, erbrechen. Ich bekam an fünf aufeinander folgenden Tagen Chemotherapie und danach drei Wochen Pause. Ich fühlte mich wie im Gefängnis. Ich verlor von heute auf morgen mein ganzes Leben und meine Identität. Ich litt so sehr, dass alle mit mir total überfordert waren. Die Schwestern und Ärzte gingen sehr einfühlsam und menschlich mit den Patienten um. Wenn man aber vier Monate von zu Hause weg, unter diesen Umständen leben muss, dann stört einen alles. Schmerzlich für mich war auch die Tatsache, dass ich für lange Zeit meine Arbeit nicht mehr verrichten konnte. Viele Kolleginnen und Kollegen mit denen ich sehr engen Kontakt hatte, scheuten sich vor einem Besuch im Krankenhaus. Das hatte mich tief enttäuscht. Ich arbeitete schon viele Jahre auf meiner Dienststelle und fühlte mich abgeschoben und fallen gelassen. Kolleginnen dagegen, mit denen ich weniger Kontakt hatte, besuchten mich zu dieser Zeit mehrere Male. Ich fing zu dieser Zeit an, meinen Freundeskreis zu sieben. Ich merkte mir sehr gut, wer zu mir hielt, und wer nicht. Bis heute habe ich einigen Familienmitgliedern und Freunden ihr Fernbleiben von meinem Krankenbett nicht verziehen. Ich musste leider feststellen, dass viele Menschen immer noch große Hemmungen vor der Erkrankung Krebs haben. Viele Menschen denken immer noch, wer Krebs hat, sieht schlecht aus, ist abgemagert und ist dem Siechtum nahe. Ich sah sehr gesund aus und hatte ungefähr noch zwanzig Kilo Übergewicht. Hätte ich wieder Haare auf dem Kopf gehabt, hätte man mir meine Erkrankung nicht ansehen. Während dieses viermonatigen Klinikaufenthaltes bekam ich zum aller ersten Mal Besuch von einer Psychotherapeutin vom Zentrum . Sie besuchte mich wöchentlich und war mir eine große Hilfe, ohne dass mir das zu diesem Zeitpunkt bewusst war. Sie half mir bei den Alltagsproblemen im Klinikum mit Entspannungsübungen nach Jacobsen und Gesprächen. Positiv und unentbehrlich empfand ich die „Grünen Damen", die sich ehrenamtlich für die Patienten einsetzten. Aufdringlich empfand ich die Vertreterin der evangelischen Kirche. Diese gute Frau ging mir so auf die Nerven. Sie besuchte mich unaufgefordert fast jeden Tag und redete auf mich ein, so dass ich große Aggressionen gegen die Kirche bekam. Diesen „Gott" empfand ich nicht als großherzig und gütig. Er ließ mich mit dieser Erkrankung ganz schön allein. Er ließ es zu, dass ich mich so quälen musste. Aus diesem Grund bin ich aus der evangelischen Kirche ausgetreten. Ich besuchte eine Simonton-Gruppe in der Klinik. Dort sollte man durch Feindbilder den Krebs im Körper durch visuelle Vorstellungen bekämpfen lernen. In dieser Gruppe lud ich mir nur von den anderen Patienten die Krankheitsbilder noch zusätzlich auf die Schultern. Mein behandelnder Arzt empfahl mir eindringlich, diese Sitzungen zu meiden. Positiv empfand ich die Beschäftigungstherapie. An zwei Nachmittagen konnte man sich kreativ beim Malen auslassen. Ich hatte zuvor noch nie etwas mit Farbe zu tun gehabt. Ich lernte schnell, und nutzte dieses Angebot recht oft. Dankbar bin ich heute noch über dieses Angebot, denn ich glaube, dass die Beschäftigung sehr gut für den Heilungsprozess ist. Meine Werke drapierte ich an die Wände meines Krankenzimmers. Damit kam etwas Farbe in das kahle Zimmer.  Außerdem kam in dieser Zeit eine Kosmetikerin von einer bekannten Kosmetikfirma ins Krankenhaus. Sie zeigte uns Frauen, wie -frau es kaschiert, wenn -frau keine Augenbrauen und Wimpern mehr hat. Die Aktion hieß „Freude am Leben e. V.“ Sie hat mich ein wenig aufgebaut. Zu dieser Zeit habe ich viele Patienten kennen gelernt, junge und alte. Die meisten sahen gut und gesund aus. Doch fast alle sind gestorben. Ich hatte plötzlich große Angst, selbst nicht mehr lebend aus der Klinik entlassen zu werden. Meine Psyche fuhr Achterbahn. Man verabreichte mir zu dieser starken Chemotherapie, Anabolika zur Stärkung. Ich bekam dadurch vermehrt Appetit und wurde zunehmend dicker. Ich wog bei der Entlassung Mitte Februar 1998 fast neunzig Kilo. Körperlich ging es mir daher nicht so schlecht. Ich sah gut genährt aus. Doch die dreißig Kilo Übergewicht veränderten mich nicht nur äußerlich, auch psychisch ging es mir noch schlechter. Ich war jetzt unattraktiv, fett und ohne Kopf-, Achsel- und Schamhaare. Ich fühlte mich grenzenlos hässlich. Mein Ehemann ist vier Jahre jünger als ich. Dann kam noch die Angst dazu, er könnte sich anderweitig orientieren. Es war ein Alptraum. Während meines Klinikaufenthaltes hatte ich aber endlich einmal Zeit für mich. Ich hatte ja nur „mein Krankenbett und meinen Krankentisch". Ich machte mir über mich selbst so meine Gedanken. Und zum aller ersten Mal kam mir die Erkenntnis, das mein Krebs, ein Zeichen sei. „Ein Mahnmal". Heute, 2009 bin ich allerdings der Meinung, dass mein Krebs genetisch vererbt worden ist und ohne bestimmten Grund immer wieder kommen wird. Ich ließ mir audioaktive Kassettenprogramme von Dr. Hans Grünn: „Positive Affirmationen, Ganzheitliches Heilen – Krebs, Meditation" mitbringen. Ich brauchte diese Kassetten wie mein tägliches Brot. Es tat mir gut. Meine Psyche stabilisierte sich und ich beschäftigte mich viel mit mir selbst. In der Vergangenheit hatte ich das verlernt. Ich lernte mich wieder neu kennen. Ich ließ mir Opernarien mitbringen und verspürte langsam wieder Freude. Ich merkte, irgendwie wird mein Leben bestimmt wieder ins Lot kommen. Ich sah zum aller ersten Mal meine Erkrankung nicht als eine Bedrohung an. Als ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde, war ich nicht geheilt, aber mir war das zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewusst. Ich glaube mein Ehemann war der einzige, der die traurige Wahrheit erkannte. Nach neun-monatigem Arbeitsausfall durch meine Erkrankung und erfolgreicher Rehabilitation in einer Fachklinik, in Wyk auf Föhr, versuchte ich am 01.06.1998 die Wiedereingliederung in meinem Beruf. Ich fing, da ich eine acht Stunden Stelle hatte, mit vier Stunden täglich wieder an zu arbeiten. Die Arbeit machte mir wie immer Spaß, doch ich fühlte mich noch entkräftet. Das alte Leben musste doch weiter gehen. Ich sah immer noch nicht ein, dass ich etwas für mich tun musste. Seit Mai 1998 hatte ich mir eine Psychotherapeutin in meiner Nähe gesucht, die ich seit dieser Zeit regelmäßig besuche. Sie hat mir sehr in dieser schwierigen Situation geholfen. Sie war es auch, die mir empfahl kürzer zu treten. Heute sehe ich diesen Wiedereingliederungsversuch als Fehler an. Die Energie, die ich für die Arbeit aufbrachte, fehlte mir für mich. Aber damals sah ich das noch nicht. Es ist das alte Schema: Du musst zur Arbeit, auch wenn es nicht geht, es muss doch sein. Heute gibt es für mich kein „müssen" mehr. Heute „kann" ich, wenn ich möchte. Aber „müssen", habe ich aus meinem Wortschatz gestrichen. Darüber bin ich sehr froh und auf mich richtig stolz. Die zwei-monatigen Verlaufskontrollen zeigten trotz harter Chemotherapie eine minimale Vergrößerung der Metastasen. Es hieß, sie waren äußerst aktiv. Daher entschloss ich mich im Januar 1999 für das beidseitige Entfernen der Lungenmetastasen durch eine Klemmenresektion. Das hieß, mir wurden ca. einundzwanzig Metastasen entfernt. In zwei aufeinander folgenden OP's wurde eine Lunge nicht mehr beatmet. Durch eine seitliche Öffnung des Brustkorbs wurden die Rippen von einander weggedrückt und die Lunge entnommen. Dann wurde mit einem chirurgischen Instrument großflächig die Metastasenfelder heraus gestanzt und gleichzeitig die Wunden mit Titanklemmen zu getackert. Von unter der Brust bis hinein in den Rücken habe ich nun beidseitig zwei neue Narben von einundzwanzig cm Länge. Ein Außenstehender könnte denken, ich hätte eine schlecht gemachte Brustvergrößerung. Ich finde es tragisch, dass ich mir auch solche Gedanken machen muss. Doch der Chirurg strahlte und versicherte mir, dass ich nun geheilt wäre. Was für ein Erfolg! Geheilt, ich konnte es nicht glauben. Nach dreieinhalb Wochen Klinikaufenthalt fuhr ich dann noch sehr entkräftet aber glücklich wieder nach Werk auf Föhr zur Rehabilitation. Während meiner Rehabilitationsmaßnahme in Wyk auf Föhr scheute ich den Kontakt zu den Krebspatienten, da ich dachte, ich wäre gesund. Ich wollte mit der Krankheit nichts mehr zu tun haben. Ich sonderte mich richtig ab. Durch mein Verhalten, was ich heute zutiefst bereue, kann ich das damaliges Verhalten der Kolleginnen und Kollegen von einst verstehen, aber nicht gutheißen. Von den Operationen erholte ich mich sehr schnell, denn schließlich war ich ja geheilt. Daher entschloss ich mich im Juni 1999, einen zweiten Wiedereingliederungsversuch in die Arbeitswelt zu starten. Mir fiel diesmal die Wiedereingliederung noch schwerer. Erstmals dachte ich daran, eventuell meine Arbeitsstelle aufzugeben. Ich wollte endlich einmal etwas für mich tun. Ich spürte, das ich keine Kraft mehr für mich, meinen Ehemann, meine Freunde und Familie, meinen Haushalt, meine Hobbys und die Arbeit hatte. Unglücklicherweise verwarf ich ganz schnell wieder den Gedanken. Dann holte mich schnell der Alltag wieder ein. Die Tretmühle ging wieder weiter. Dann nach unserem Amerikaurlaub im Herbst 1999, hatte ich den nächsten Kontrolltermin und das niederschmetternde Ergebnis schlug uns wieder einen Meter tief in die Erde. Neue Lungenmetastasen! Ich war dem Tod wieder ganz nahe. Es war so schrecklich! Wir dachten doch, ich wäre endlich geheilt. Ein Trugschluss! Ich hatte nach meinen Lungenoperationen den Onkologen gewechselt. Nach einer Woche war das Ergebnis da und der Onkologe hatte einen Plan, wie man mich behandeln sollte. Es war wieder eine schlimme Zeit. Wir waren wieder ganz alleine! Ich fühlte mich von meiner Familie wieder einmal im Stich gelassen und haderte mit dem Leben. Meiner Familie war nicht bewusst, wie krank ich überhaupt bin. Ich kann solche Sätze wie: „Ach, wenn der liebe Gott einen holt, dann ist es eben so!“ oder, „Ach, wenn ich Dir die Krankheit doch abnehmen könnte, ich würde es tun!“ oder, „Du musst jetzt positiv denken!“ u. s. w. Ich konnte es einfach nicht mehr hören und ertragen! Wie ich eingangs erwähnte, sehe ich immer gut aus. Ich sehe nicht krank aus. Das ist ja so heimtückisch an dieser Erkrankung. Wenn man ein Bein unter seinem Arm trägt, dann werden die Menschen aufmerksam. Aber nur dann!!!!
Mein Mann hat dann aus lauter Verzweiflung einen offenen Brief ins Internet auf meine Homepage gestellt, weil er die Ignoranten aus meinem Umfeld nicht mehr ertragen konnte.




OFFENER BRIEF aus dem Jahr 1999/2000
an die Verwandten von meiner Ehefrau Susanne Seifert
dieser Brief ist heute (am Tag der Überarbeitung Juni 2012 )
12 Jahre später, so aktuell wie eh und je


Die Vorkommnisse der letzten Zeit haben mich dazu bewegt, diesen Offenen Brief an die Verwandten von Susanne zu schreiben. Warum einen Offenen Brief ? Warum an die Verwandten ? Wen meine ich denn nun ganz genau ? Diese Fragen werden sich die Leser stellen. Ich wähle diese Form der Ansprache, da ich in persönlichen Gesprächen keinen Sinn mehr sehe. Keinen Sinn deshalb, weil mir die Erfahrung gezeigt hat, dass eine sachliche Diskussion nicht möglich ist. Diskussion bedeutet, dass man durchaus verschiedene Standpunkte und Meinungen vertreten kann. Ziel ist aber immer, einen Konsens zu finden. Dabei müssen die Grundpositionen nicht aufgegeben werden. Wenn diese Bereitschaft oder Erkenntnis nicht vorhanden ist, ist es sinnlos miteinander zu sprechen, da man tatsächlich nicht miteinander redet, sondern nur streitet. Bei einem Streit beharrt jeder nur auf seiner Position und ist nicht bereit auch nur ein Stückchen nachzugeben. Wer streitet, will verletzen und am Ende als Sieger über den anderen da stehen. Da ich nicht streiten will, wähle ich diese Form der Ansprache. Jetzt mag der oder die eine denken: Das ist ja feige ! Ich aber sage: Das ist nicht feige, sondern klug !!! Denn nur so ist es möglich, zu Wort zu kommen, wenn der andere nur streiten will und nicht zuhört. "Zuhören", das ist gar nicht so einfach. Ihr tätet gut daran, wenn Ihr das versuchen würdet. Hättet Ihr zugehört, dann hättet Ihr auch verstanden, dass Susanne Eure Nähe sucht. Mit all ihrem Handeln will sie doch nur sagen: "Hier bin ich und ich brauche Eure Hilfe, Verständnis und Zuwendung, denn ich bin sehr krank. Auch wenn wir früher unsere Differenzen hatten, will ich Eure Nähe, denn vielleicht ist es dafür bald zu spät." Susanne sucht also ihre Familie und schreit um Hilfe, aber sie bekommt sie nicht! Familie bedeutet Gemeinschaft, Schutz und für einander da sein. Wer gehört zur Familie von Susanne: die Eltern, die Schwestern, die Onkels, die Tanten, die Cousinen, die Cousins oder vielleicht der Ehemann, die Schwiegereltern, die Verwandten des Ehemannes, was ist mit dem Schwager, den Freunden, wer ist die Familie ? Susannes Familie besteht aus allen, die zu ihr stehen, sie unterstützen, für sie da sind, wenn sie Hilfe braucht, sie motivieren, den Kampf gegen den Krebs nicht aufzugeben, sie trösten und sie lieben. Susanne hat eine Familie, die ihr all das eben Geschilderte gibt. Nicht zur Familie von Susanne gehören: Gleichgültige, Ignoranten, Egoisten, Gewissenlose, Heuchler, Feiglinge und Herzlose. Jeder der oben genannten (Eltern, Geschwister, Ehemann, etc.) möge bitte selbst prüfen, wie und wo er sich einordnet. Ich habe Susanne geraten, alles von sich fern zu halten, was ihrem schweren und harten Kampf gegen den Krebs abträglich ist. Sie soll nur noch das machen, was gut für sie ist. Die Entscheidung und Akzeptanz des Rückzuges aus der Arbeitswelt war neben dem Ja zu Operationen und Chemotherapien ein weiterer bedeutender Schritt im neuen Leben von Susanne. Susanne macht etwas aus ihrem nicht einfachen Leben ( möchte jemand tauschen ? ). Sie ist äußerst kreativ und schafft es mit eiserner Disziplin ihren Körper für sich selbst und für den nächsten bevorstehenden Kampf gegen die Krankheit in Form zu bringen. Ich bewundere ihre Kraft und ihren Durchhaltewillen. Andere können das nicht! Aber sie könnten es lernen, so wie ich. Wenn man sich aber selbst im Wege steht, funktioniert das natürlich nicht. Meistens ist man immer mit sich selbst beschäftigt: "Was geht mich das an ? Habe ich überhaupt etwas damit zu tun ? Konkurrenzdenken ! Neid ! Habe ich nicht mehr davon, wenn ich statt dessen dies oder das mache ? Lästig – jetzt muss ich wieder ..." Susanne darf sagen: Ich mache dies oder das, weil ich es will ! Alle anderen, die sich ihr zugehörig fühlen, müssen ihr Verhalten an Susanne ausrichten, auch wenn dies sehr, sehr schwer ist. Ich weiß, wovon ich rede. Die Menschen, die zu ihr stehen, geben ihr Kraft und tragen sie bei dem, was sie aushalten muss, das was wir Gesunden in keinster weise nachempfinden können. Alle anderen stehen ihr nur im Weg und kosten sie Kraft, die sie zum Überleben mit Krebs benötigt.

Carsten Seifert






Heute nach so vielen Jahren des Kämpfens mit dieser Krankheit sehe ich mich nicht mehr in der Lage auch noch mit meiner Familie zu kämpfen. Ich habe mich nun endgültig von meiner Familie getrennt, denn die ewigen Auseinandersetzungen , tun meiner Gesundheit nicht gut!!! Nun befinden wir uns wieder im Jahr 1999. Auf mich kam wieder eine Chemotherapie zu. Diesmal sollte es aber anders ablaufen, da die stationäre starke Chemotherapie damals eigentlich nichts gebracht hatte. Man entschied sich jetzt für eine ambulante Therapie in Tablettenform. Drei Wochen Einnahme und eine Woche Pause. Was blieb mir anderes übrig, ich wollte schließlich überleben. Ich ging weiter arbeiten und nahm die Tabletten ein. Ich hatte in der Vergangenheit durch meine Krankheit doch schon so lange gefehlt. Ich wollte es versuchen! Das war der größte Fehler meines Lebens. In der Praxis sah das nun so aus: Ich ging acht Stunden täglich arbeiten, in der Mittagspause kaufte ich für den täglichen Bedarf ein. Abends kochte ich für meinen Mann und mich das Essen, und um 20.00 Uhr musste ich zu Bett gehen, weil ich nicht mehr konnte. Ich war ausgebrannt. Fazit war, ich bekam eine Gürtelrose und eine starke Grippe. Ich brach am 22.12.1999 die Chemotherapie nach dreieinhalb Monaten ab. Ich war am Ende. Meine Muskeln konnten keinen Wäschekorb mehr tragen. Ich war ausgepowert und leer. Mein guter Onkologe erkannte direkt meinen schlechten Allgemeinzustand und veranlasste sofort die Rehabilitationsmaßnahme. Ich verlies zwei Tage vor Weihnachten meinen Arbeitsplatz und handelte mir den Unmut meiner Kollegin ein, da meine Kollegin befürchtete, ihren Weihnachtsurlaub wegen mir nicht nehmen zu können. Als ich noch von dem Wunsch erzählte, nach den Feiertagen eine Rehabilitationsmaßnahme anzutreten, war es ganz aus mit der Freundlichkeit. Das sagte man mir nie ins Gesicht, aber ich habe es gespürt und das verletzte mich sehr. Darauf wollte und konnte ich keine Rücksicht mehr nehmen. Dafür ging es mir zu schlecht. Im Januar 2000 fuhr ich zur Rehabilitationsmaßnahme nach Eckenhagen. Ich wäre gerne wieder nach Wyk auf Föhr gefahren, doch der Weg war zu weit. Es war zu anstrengend, daher fuhr ich in die nähere Umgebung. Die Maßnahme tat mir sehr gut. Ich konnte psychologisch weiter an mir arbeiten und mich körperlich etwas stärken. Ich musste leider einsehen, dass ich durch meine ganzen Operationen und Chemotherapien körperlich und psychisch ein Wrack geworden bin. Nach der Maßnahme bescheinigten die Ärzte mir die Erwerbsunfähigkeit. Leider versuchte ich trotzdem die dritte Wiedereingliederung in die Arbeitswelt am 01.04.2000. Nach sechswöchigem Versuch lief ich regelrecht am 15.05.2000 von meinem Arbeitsplatz weg. Ich erfuhr keine sonderliche Unterstützung der Kollegen am Arbeitsplatz, trotz der 100 % Schwerbehinderung und meiner Vorgeschichte. Keiner meiner Vorgesetzten hatte auch nur ein nettes Wort für mich übrig. „Wie es mir wohl gehen würde?", oder „ob ich denn die Arbeit schaffen würde?". Selbstverständlich hielt sich auch der Großteil meiner Kolleginnen und Kollegen zurück. Ich musste leider erfahren, dass auf meiner Dienststelle, nur Leistung zählt. Das „Menschliche" geht leider in so einem Betrieb verloren, es sei denn, man schwimmt mit dem Strom. Das alles hat mich sehr bestürzt und traurig gemacht. Trotz meiner Erkrankung habe ich immer mein bestes gegeben. Ich war immer da und habe meine Arbeit korrekt gemacht. Mein Allgemeinzustand war so schlecht, dass ich auf alles und jeden einen Zorn hatte. Ich wollte nur noch weg und meine Ruhe. Ich reichte sofort bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte meine Erwerbsunfähigkeitsrente ein und erhielt ab 01.08.2000 eine befristete Berentung für zwei Jahre. Nach fast vierzehn-jähriger Dienstzeit hielten meine Vorgesetzten es noch nicht einmal für erforderlich, mich mit ein paar persönlichen Worten aus meinem Arbeitsverhältnis zu verabschieden. Aber was konnte ich auch dort erwarten? Ich war ja nur ein kleines Licht!! Wichtig waren nur die ANDEREN!!!, die Stromschwimmer und Radfahrer, die nach oben buckeln und nach unten treten! Ich habe immer meine eigene Meinung vertreten und auch verteitigt. Hätte ich mich immer schön brav angepasst, hätte man mir mit Sicherheit ein Abschiedsfrühstück ausgegeben, oder vielleicht noch ein Abschiedgeschenk mitgegeben. Aber das hatte ich wirklich nicht nötig, darauf war ich nicht angewiesen. Inzwischen war ich bis zur Berentung drei Monate zu Hause. Es ging mir schon wieder besser. Ich hatte mir mein Leben so richtig schön eingerichtet. Meine Energie war jetzt so gut eingeteilt, dass ich immer mehr aufblühte. Es ging mir gut. Das Leben konnte endlich wieder beginnen. Schließlich war ich zu diesem Zeitpunkt erst vierzig Jahre alt. Meine Psychotherapie machte auch große Fortschritte. Durch sie habe ich mich wieder auf mich besonnen. Ich habe gelernt, dass „ICH" der wichtigste Mensch bin. Für Außenstehende muss das sehr egoistisch klingen. Aber es ist mir egal! Ich muss „ÜBERLEBEN", und deshalb „MUSS" ich mich nur auf mich konzentrieren. Ich kann jetzt viel besser meine Kräfte abschätzen. Ende August ging ich erneut frohen Mutes zur Kontrolle. Ich war wieder einmal so geschockt über das Ergebnis, dass mir die Worte schwer über die Lippen kommen. Mehrere neue Lungenmetastasen, eine Lebermetastase und ein neuer, fast wieder zehn cm großer Tumor ausgehend von den Eierstöcken. Was soll man dazu noch sagen. Wir hatten gar keine Zeit uns darüber aufzuregen. Schnell ins Krankenhaus und wieder eine schwierige Operation. In meinem Fall ein seltenes und ungewöhnliches Krankheitsbild. Der behandelnde Arzt hat nach meinem Dafürhalten seine Arbeit perfekt gemacht und hiermit danke ich ihm für seine gute Betreuung. Nach dreieinhalb Wochen konnte ich das Krankenhaus wieder verlassen. Ich fühlte mich in diesem Krankenhaus sehr gut aufgehoben und betreut. Ein paar Wochen später habe ich meinen einundvierzigsten Geburtstag gefeiert. Das war im Jahr 2000. Wir mussten unseren kompletten, bereits gebuchten Urlaub stornieren. Darüber waren wir sehr traurig, aber meine Gesundheit war jetzt wichtiger. Abschließend musste ich mich wieder einer sechsmonatigen Chemotherapie unterziehen. Es wurde die gleiche Therapie empfohlen, wie 1999 in Tablettenform. Abgesehen von drei Gürtelrosen, habe ich diesmal die Prozedur einigermaßen gut überstanden. Die Therapien wurden erfolgreich abgeschlossen. Die Metastasen sind heute sogar etwas kleiner geworden und kaum noch als Metastasen zu bezeichnen (der Radiologe spricht von „Vernarbungen“, aber heilen wird mich in diesem Leben kein Arzt mehr. Das ist mir schmerzlich bewusst geworden. Mein Onkologe hat mir in einem ehrlichen Abschlussgespräch mitgeteilt, dass er mit der jetzigen Situation sehr zufrieden ist. Mir ist jetzt auch klar, dass vielleicht in drei Monaten wieder eine Chemotherapie oder eine Operation notwendig werden kann. Aber es muss nicht sein! Ich danke meinen behandelnden Ärzten für ihre erstklassige Betreuung. 2003 war ich dann wieder wegen eines neuen Tumors im Bauchraum im Krankenhaus. Er wurde wieder erfolgreich entfernt und ich brauchte keine weitere Chemotherapie. Ich denke, ich brauche die Operation nicht so ausführlich zu beschreiben. Für mich war es schon Routine. Das Jahr 2004 war ein Veränderungsjahr. Wir verließen unsere Heimatstadt, um uns an einem anderen Ort ein neues Leben einzurichten. Für meine Erkrankung hatte ich keine Zeit. Mich schmerzte nur meine linke Leistengegend. Ich konnte kaum in die Hocke gehen ohne Schmerzen. Die Recalluntersuchungen hatten aber nichts auffälliges ergeben, also arrangierte ich mich mit dem Schmerz. Im Jahr 2005 platzte dann eine neue Bombe! Es fing schon im April 2005 mit einer tiefen Becken-Venen-Thrombose an. Ich konnte kaum noch schmerzfrei gehen. Kurze Spaziergänge wurden zur Bergbesteigung. Dann eines morgens war mir so, als platzte etwas in der Leiste. Mein Bein wurde immer dicker und ich rief ganz aufgeregt meinen Mann an. Er kam sofort und fuhr mich ins Krankenhaus. Dort musste ich dann zehn Tage strengste Bettruhe waren. Es war wieder sehr schlimm, und die Schwestern waren grausam zu mir und äußerst unfreundlich. Ich konnte doch nichts dafür, dass ich das Bett hüten musste und ich ihre Hilfe benötigte. Ich wurde auf Marcumar eingestellt und sollte nun ein leben lang das Medikament einnehmen. Im Oktober 2005 bekam ich ganz plötzlich eine schwere Lungenembolie und hätte es beinahe nicht mehr geschafft! Am 08.10.05 wurde ich als Notfall mit einer Lungenembolie von Carsten ins Krankenhaus gebracht. Es war bei mir so brenzlig, dass wir nicht auf den Notarzt warten wollten und sind selbst gefahren. Mit einem Blutdruck von über zweihundert lag ich dann im Untersuchungszimmer und rechnete schon mit dem Schlimmsten. Ich musste wieder zehn Tage im Krankenhaus bleiben, durfte zwar aufstehen, aber nur bis zur Toilette. Ich nehme schon seit der Thrombose im April 2005 Marcumar. Trotzdem konnte sich bei mir die Lungenembolie entwickeln. Der Arzt meinte sogar, dass sich von der tiefen Becken-Bein-Thrombose die Thromben nicht vollständig aufgelöst hatten und somit die Embolie entstanden ist. Vier Wochen musste ich nun warten, um die Embolie bei erhöhter Einnahme unter Marcumar aufzulösen. Sie musste sich auch dringend auflösen, denn die Ärzte hatten wieder einen neuen Tumor in der Bauchhöhle auf dem CT entdeckt. Er war schon 3,6 cm groß mit einem 2,8 cm großen Anhang. Mir blieb aber auch nichts erspart. Im April 2005 konnte man den Tumor leider noch nicht sehen. Wenn man die Bilder sich genau angesehen hätte, hätte man im April auch schon etwas von dem Tumor im CT bemerken können. Leider hat man aber nichts gesehen. Die Lage des Tumors war gut und auch operabel. Nur musste sich erst einmal die Embolie zurückbilden. So hoffte ich, dass ich bald wieder operiert werden konnte. Ich hätte so dringend jemanden gebraucht, der mir bei diesem schlimmen Schicksalsschlag etwas Mut, Unterstützung und mich nur einfach in den Arm genommen hätte. Ich fühlte mich grenzenlos allein. Von Zuhause fort, und mein Mann stand durch seine Erkrankung auch nicht zur Verfügung. Von meiner Familie war keiner an meinem Krankenbett. Ich war durch die Lungenembolie und den neuen bösartigen Befund überfordert. Das Pflegepersonal im Krankenhaus war diesmal ausgesprochen liebevoll, gefühlvoll und einfach spitzenmäßig. In Karlsruhe wurde ich dann nach der Lungenembolie ca. vier Wochen später im November 2005 am Oberbauch operiert. Es ging alles gut und ich habe nun eine neue Narbe mit zehn -zentimeter Länge quer am Magen. Da ich mir in den Jahren 2004 und 2005 mir wieder dreißig Kilogramm krankhaftes Übergewicht angefuttert hatte, war ich im Januar 2006 wieder motiviert abzunehmen. ADIPOSITAS!!! Was für ein schrecklicher Name. In fast eineinhalb Jahren hatte ich wieder dreiunddreißig Kilogramm abnehmen können. Ich war stolz und überglücklich. Meine Psychotherapie hatte ich im Jahr 2003 mit neunzig Stunden beendet. Im Dezember 2005 musste ich leider meine Psychotherapie wegen meiner gesundheitlichen Probleme wieder aufnehmen, da ich mit dem ganzen Stress um meine Gesundheit und die dadurch entstandene heftige Lebenskrise nicht mehr klar kam. Doch ich habe sehr stark daran gearbeitet, dass es mir und uns wieder gut geht. Meine Gynäkologin hatte im Ultraschall eine kleine Verdickung im kleinen Becken an der Beckenwand ertastet. Das war schon Anfang 2007. Beunruhigend an der ganzen Geschichte war, dass der Radiologe durch die Untersuchung mit CT und MRT nichts auffälliges erkennen konnte. Durch meine tiefe Venen-Becken-Thrombose, die ich 2005 bekam, hatte sich mein Becken gefäßtechnisch verändert. Es hatten sich Umgehungskreisläufe gebildet. Die Gefäße sahen daher im kleinen Becken an manchen Stellen wie kleine Knoten aus. Es ist sehr schwer für einen Radiologen zu beurteilen, was nun Gefäß und was Tumor ist. Daher blieb mir nichts anderes übrig als abzuwarten. Die nächste Vorstellung beim Radiologen war im November 2007. Als ich dann im November 2007 beim Radiologen vorstellig wurde, war das Ergebnis der Untersuchungen recht zufriedenstellend. Die Umgehungskreisläufe hatten sich vergrößert und es gibt keinen Anhaltspunkt für neue Rezidive. Doch die Frauenärztin war dennoch beunruhigt wegen ihres Befundes vom Ultraschall. Letztendlich freute ich mich über die Diagnose und hoffte, dass mein Gesundheitszustand stabil bleiben würde. Ich wünschte es mir so sehr. Ich wollte alles dafür tun!!! Die Angst wird mir immer bleiben und begleitet mich von Tag zu Tag. Meine Zuversicht und mein Überlebenswille ist weiterhin stark ausgeprägt. Ich habe mich mit der Situation abgefunden. Am 05.07.2008 ging ich dann wieder zum Radiologen zur MRT-Abdomen- Kontrolle. Das Ergebnis war nicht so gut. Die Veränderung an der linken Beckenwand hatte sich vergrößert und der Radiologe wollte dringend eine chirurgischen Abklärung. Durcheinander und deprimiert fuhr ich dann nach Hause. Meine Gedanken vollführten Salto mortale. Nun musste ich mich wieder diesen Überlegungen stellen, was mit mir passiert. Ich hatte beim gehen wieder Schmerzen in der linken Leistengegend. Übers Internet habe ich mir dann eine Universitätsklinik mit gutem Ruf ausgesucht. Ich vereinbarte einen Beratungstermin. Mit gemischten Gefühlen fuhren wir dann dort hin. Ich war sehr beeindruckt von der Chirurgischen Klinik des Universitätsklinikum. Ich hatte einen Beratungstermin bei der Chirurgischen-Chronologischen Ambulanz dieser Klinik. Ich setzte großes Vertrauen in das Ärzteteam. Die MRT Bilder, die ich mit brachte, waren schon sehr aussagekräftig. Dass etwas getan werden musste war mir klar, nur was dabei herauskommen würde, noch nicht. Durch die Thrombose im linken Becken haben sich wie schon vorher erwähnt, Umgehungskreisläufe gebildet. Nun sah man in diesem Bereich ein verworrenes Knäuel, das an mehreren Stellen an Größe zugenommen hatte. Es könnte durchaus sein, das ein Tumor sich dort entwickelt hat. Die Venen und Arterien hätte man bestimmt umbauen und verkürzen können. Das war nicht das Problem. Auf dem Bild sah man noch einen Strang, der in Richtung des Nervs und Rückenmarkes ging. Wenn es sich dabei um Krebs am Nerv handelte, dann könnte im schlimmsten Fall der Nerv bei der OP beschädigt werden. Das Bein wäre dann nicht mehr zu bewegen. Ich hätte dann nur noch mit einer Schiene gehen und nie mehr mein Bein beugen können. Auch mit dem Autofahren, tanzen und spazieren gehen, wäre endgültig Schluss gewesen. Mit diesen Gedanken musste ich mich herumschlagen. Ich habe seit dieser Zeit starke Schmerzen in diesem Bereich. Das Leben hatte wieder an Freude verloren! Ich wartete nun auf einen Termin für die OP. Ich verlor bald die Geduld und die Nerven. Die Schmerzen wurden immer stärker. Mein Überlebenswille war zwar noch da, aber er hatte schon kleine Risse bekommen. Von meinem Umfeld und den „Freunden“ war ich wiederum einmal mehr enttäuscht und haderte wieder mit meinem Leben. Seit dem wir in eine andere Stadt gezogen waren, brach der Kontakt immer mehr ab. Ich wollte mich auch nicht mehr mit oberflächlichem und falschen Gehabe beschäftigen. Ich brach kurzerhand bis auf eine Bekannte alle Kontakte ab. Ich hatte keine Lust mehr auf Sensationsklatsch.. So sollte es sein!!!! Unsere Energie brauchten wir jetzt für uns. Im August 2008 bin ich dann operiert und acht Tage später schon entlassen worden. Insgesamt war ich nur zehn Tage im Krankenhaus. Es kommt mir aber vor, als ob ich für ein Jahr im Bergwerk arbeiten war. Insgesamt kann ich zufrieden sein. In einer achtstündigen OP wurde mir im linken Becken an der Beckenwand neben der Arterie und dem Konglomerat der Umgehungskreisläufe des -thrombose geschädigten linken Beines ein 7 x 5,5 x 3 cm großes Rezidiv eines Leiomyosarkoms entfernt. Während der OP wurde mir eine Dosis von 15 GY mit IORT Bestrahlung gegeben. Da der Tumor höchstwahrscheinlich nicht im Gesunden entfernt werden konnte, sollte ich noch eine postoperative perkutane Dosisaufsättigung mit 45 GY über 5 Wochen bekommen. Jetzt musste nur noch die riesige Wunde von ca. dreißig cm abheilen und sich die riesigen Blutergüsse zurückbilden. Ich hatte große Schmerzen und musste viele Opiate schlucken. Doch ein gutes hatte die ganze Sache gebracht. Der Tumor ist höchstwahrscheinlich als Rest von der OP 2000 oder 2003 zurückgeblieben und hat mit der Zeit meine linke Beinvene quasi zerdrückt, so dass ich eine Thrombose in dem Bein erlitten hatte. Ich habe fast drei Jahre Marcumar genommen und sollte bis an mein Lebensende dieses auch weiter nehmen. Nun weiß man, das der Tumor daran beteiligt war, und so brauche ich nun nicht mehr Marcumar einzunehmen. Darüber habe ich mich sehr gefreut. Diese Erkrankung ist so heimtückisch. Meine Frauenärztin hatte schon seit eineinhalb Jahren die Veränderung im linken Becken durch Ultraschall gesehen. Die Rezidive wurden in der Vergangenheit immer zuerst per Ultraschall bei mir entdeckt! Aber im CT oder MRT hatte man diese Veränderung nicht gesehen. Es ist unglaublich, dass diese teuren radiologischen Bildgebungsverfahren nicht so genau und präzise ein Rezidiv darstellen können, wenn es noch sehr klein ist. Und immer direkt eine OP einleiten, nur mit einem Ultraschallbefund, dass macht auch keinen Sinn, wenn man auf einem MRT nichts sieht. Das heißt, in Zukunft werde ich noch intensiver die Radiologen und Fachärzte in die Pflicht nehmen und gegebenenfalls einen Chirurgen um Rat fragen. Es ärgert mich sehr, dass durch diesen Tumor meine Beinvene zerstört wurde. Die Kompressionsstrumpfhose werde ich immer tragen müssen, damit mein Bein nicht an schwillt. Nach der OP hatte ich noch ein dickes Bein und eine dicke Hüfte. Lymphflüssigkeit hatte sich von der OP gestaut. Ich hatte sechs Kilo einen Tag nach der OP mehr Gewicht auf der Waage. Wieder zu Hause sollte ich zur Lymphdrainage gehen, damit das Bein und die Hüfte ab schwellen können. Erst dann sollte mit der Strahlentherapie begonnen werden. Ich hatte aber so starke Beschwerden und Schmerzen im Bein und in der Leistengegend, dass das Gehen für mich wie eine Bergbesteigung war. Selbst kleinere Spaziergänge wurden für mich zur Qual. Letztendlich konnte ich kaum noch die kleine Treppe im Haus bewältigen, die in das Schlafzimmer führt. Es war eine schreckliche Zeit und dennoch bin ich froh, dass ich diese große und schwere OP so gut verkraftet habe. Ich bin wirklich eine "Kampfsau"!!! In der Zwischenzeit war ich dann wieder im Krankenhaus. An meinem neunundvierzigsten Geburtstag wurde ich dann entlassen. Es ging mir psychisch und körperlich nicht gut. Zum Feiern war mir auch nicht zu mute. Zehn Tage war ich wieder dort und langsam hatte ich die Schnauze voll. Mein rechtes Bein schmerzte von den Heparin- und Schmerzspritzen. Ich hatte so an die siebzig Einstiche gezählt. Doch deswegen war ich nicht im Krankenhaus. Nach der OP ging es mir von Tag zu Tag zu Hause schlechter. Ich hatte sehr große Schmerzen in der OP-Gegend und im linken Bein. Ich konnte nach vierzehn Tagen zu Hause nicht mehr auf meinem Bein stehen, geschweige denn ein paar Meter gehen. Mein Schmerzmittelkonsum stieg gewaltig an und ich wusste nicht mehr ein noch aus. Dann bekam ich an einem Samstag aus meiner OP-Naht einen Flüssigkeitsausbruch von ca. 0,2 Liter. Als Notfall im Krankenhaus, stellte man eine Wundtasche fest und öffnete für ein Stück wieder meine Narbe. Die Wunde sollte nun offen bleiben und von unten zu heilen. Am 02.09.2008 fuhr ich dann zum Radiologen und veranlasste ein MRT. Der Radiologe stellte fest, dass eine Lymphocele, die die Größe einer Coladose hatte, im Bauchraum zu sehen war. Sie drückte mir die Organe ab und höchstwahrscheinlich auch auf die Nerven, so dass ich die starken Schmerzen hatte. Als Notfall kam ich wieder ins Krankenhaus. Dort machte man dann am 03.09.08 die ct-gesteuerte Punktion. Mir wurde eine Drainage in die Lymphocele durch den Bauch punktiert und gesetzt. Mehr schlecht als recht lief die Lymphe ab. Die starken Schmerzen waren auch im liegen vorhanden, so dass ich ein starkes Betäubungsmittel gespritzt bekam. Der Chirurg erklärte mir, das bei der OP das vorhandene Bein-Lymphsystem vom gesamten Körper getrennt worden ist und dadurch die Lymphe in den Bauchraum ausgelaufen ist. Die Lymphe musste nun wiederum Umgehungskreisläufe bilden. Die große Menge aus der Blase versuchte man nun abzulassen, da der Körper dieses nicht resorbieren kann. Mit der Drainage wurde ich dann entlassen, da zwar Flüssigkeit abgelaufen war, aber wieder neue Flüssigkeit zu lief. Ob das die großen Schmerzen verursacht hatte, war auch noch fraglich. Es könnte auch sein, dass Nervenschmerzen im Bein die Ursache waren. Wissen konnte das leider niemand. Nun hatte ich noch eine Woche um auszuspannen. Am 22.09.08 begann dann meine Bestrahlung. Ich hatte große Angst, dass es mir dadurch schlecht gehen könnte. Ich hoffte, dass bald alles vorüber wäre, und die Flüssigkeit ablaufen würde. Ich hoffte auch, dass ich mich dann keiner erneuten Punktion unterziehen lassen müsste. Ich hatte dazu keine Lust mehr, denn ich wollte mein altes Leben wieder haben! Ich war erneut in einem neuen Krankheitssog, der mich zu verschlingen suchte. Ich stemmte mich doch dagegen! Es war aber sehr schwer!!! Zuhause konnte ich gar nichts mehr machen. Wenn ich zum Arzt musste und im Auto zu meinen Terminen gefahren wurde, schwoll direkt mein linkes Bein an und ich musste anschließend für Stunden zu Hause die Beine hoch legen. Die Schmerzen waren jetzt erträglich und mit Schmerzmitteln auszuhalten. Ich machte das Beste aus meiner Situation. An dem besagten Termin, an dem die Strahlentherapie beginnen sollte, teilte man mir mit, dass ich noch keine Bestrahlung bekommen könnte, da die jetzige Bauchsituation nach der Drainageentfernung neu bewertet werden müsste. Ich bekam ein neues CT auf meine tätowierten Bestrahlungspunkte. Der diensthabende Arzt teilte mir mit, dass sich an dem Volumen der Lymphocele seit dem 28.08.08 nichts verändert hätte. Das bedeutete für mich, es hatte sich nichts getan. Die Drainage und die zehn Tage im Krankenhaus waren umsonst gewesen. Doch es war einen Versuch wert, es hätte klappen können. Nun musste man die Situation beobachten. Die Harnblase war zwar durch das Abdrücken der Lymphocele beeinträchtigt, aber man konnte mit der Strahlentherapie beginnen. Meine großen Schmerzen im Bein waren höchstwahrscheinlich nicht durch die Lymphocele entstanden, sondern durch die OP als postoperative Nervenschmerzen, da während der OP sehr nahe an den Nerven gearbeitet worden war. Die Schmerzen wurden schließlich mit der Zeit immer weniger und ich konnte mein Bein halbwegs wieder belasten. Der Schmerz war zwar noch vorhanden, aber er war zu ertragen. Deswegen hatte ich mein Morphinderivat reduziert und schleichte es nun aus. Eine Lymphkompressionsstrumpfhose hatte ich durch das Sanitätshaus bei der Krankenkasse beantragen lassen und bekam auch die Genehmigung. Das Lymphödem im Bein konnte nur mit entsprechenden Maßnahmen wieder gut werden. Nun hatte ich noch ca. eine Woche Zeit zum regenerieren. Ich war eigentlich sehr froh, dass die Bestrahlung sich verzögert hatte, da ich innerlich merkte, dass ich noch nicht so weit bin, mich einer weiteren Prozedur zu stellen. Diese OP hatte mich körperlich und psychisch so stark beansprucht und ausgelaugt, dass ich noch Monate warten wollte, um mich wieder mit aggressiven Behandlungsmethoden zu beschäftigen. Aber es musste sein und ich musste wiederum stark sein und alles über mich ergehen lassen. Ich hoffte, dass durch die Strahlentherapie die Krebszellen, die eventuell noch da sind ,"verbrannt" werden. Obwohl die Krankheit mich heute wieder so hart getroffen hat, bin ich so glücklich. Ich bin überglücklich und froh, dass ich meinen geliebten Mann habe, der trotz aller Widrigkeiten zu mir steht und versucht, es mir so bequem wie möglich zu machen, der trotz seiner Krankheit sein bestes gibt und mich liebt!!!!!! Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung und Liebe. Die Liebe aber ist die Größte unter Ihnen. 1.Korinther 13,13. Das ist unser Hochzeitsspruch vom 01.03.1990. Ich bin zwar aus der Kirche ausgetreten, wie eingangs erwähnt, gestatte mir aber doch, für mich und ohne Organisation „zu Glauben“. Am 31.10.2008 war meine Bestrahlung zu Ende. Insgesamt wurden mir zweiundzwanzig Photonenbestrahlungen verabreicht. Eigentlich hatte ich die Therapie gut vertragen. Kurz vor Ende der Behandlung bekam ich noch eine Nesselsucht von Kopf bis zu den Füßen, die mich arg beutelte. Dank Cortisontabletten und Cortisonsalbe bekam ich die Sache gut in den Griff. Erst ein paar Jahre später bekam ich Nebenwirkungen von der Bestrahlung wie „Verbrennungen im Darm“. Ich wollte den Rest von diesem Jahr ausspannen und es mir gut gehen lassen. Das Lymphödem im linken Bein war zwar immer noch da, war aber bedeutend besser geworden. Die Lymphkompressionsstrumpfhose hatte mir gut geholfen. Nun war meine Strahlentherapie ca. vierzehn Tage vorbei. Ich hatte immer noch leichte Schmerzen im Unterbauch (OP-Gebiet), nahm aber keine Schmerzmittel mehr. Mein linkes Bein hatte sich leicht verdünnt, war aber noch dicker als das rechte. Das Lympödem hält sich hartnäckig. Ich musste Geduld haben. Dann feierten wir unseren zwanzig-jährigen Kennenlerntag am 16.11.08. Ich war glücklich und zufrieden! Ende November 2008 war ich beim Chirurgen. Er machte von meinem Bauch ein Ultraschallbild. Die Lymphocele war schon etwas kleiner geworden, was mich sehr freute. Ich bat den Chirurgen noch, meine linke Niere und Harnleiter zu schallen. Das Ergebnis war, dass ich eine Überweisung zum Urologen bekam. Die Ärzte sind in meinem Fall glaube ich, sehr sorgsam und gewissenhaft geworden und wollen keine Fehler machen. Der Urologe diagnostizierte eine leichte Ausweitung des linken Nierenbeckens. Durch die Lymphocele, die sich immer noch im Bauchraum befindet, wird der Harnleiter leicht eingedrückt. Das ergibt einen leichten Harnstau in der Niere. Die Niere produziert aber immer weiter und dehnt sich zwangsläufig aus. Damit kann man aber leben, wenn die Situation nicht dauerhaft besteht. Wir hofften, dass die Lymphocele bald verschwindet. Nun waren schon wieder fast 2 Monate ins Land gezogen. Ich hatte brav meine ganzen Termine wahrgenommen. Angefangen hatte es im Januar 2009 mit der Wiedervorstellung in der Strahlenklinik. Die Bestrahlung hatte ich so weit ganz gut weg gesteckt. Jetzt werde ich nur noch "verwaltet". Es hört sich blöd an, aber es ist so! Beim Urologen war ich dann auch noch einmal. Mein Nierenbecken ist so geblieben wie es ist. Gott sei es gedankt! Vor der Darmspiegelung, am 01.02.09, hatte ich große Angst. 2005 hatte man im Krankenhaus, wo ich das vorletzte Rezidiv entfernen ließ, bei einer prophylaktischen Darmspiegelung ("man wollte sehen, ob der Tumor, der sich zwischen Darm und Milz befand, nicht doch in den Darm ein gewachsen war") einen Polyp entfernt, der in drei Jahren kontrolliert werden sollte. Der Darm war nicht mit Tumorteilen eingewachsen. Bei meinem Vater wurde 2007 Darmkrebs diagnostiziert. Daher musste ich mich auch untersuchen lassen, und dass im eigenen Interesse regelmäßig. Da letztes Jahr die Drei- Jahresfrist eigentlich um war, aber die Strahlentherapie noch voll im Gange war, mussten wir den Termin zur Darmspiegelung auf Februar 2009 verschieben. Vor diesem Termin hatte ich wirklich große Angst. Nicht vor dem Eingriff, sondern vor der Diagnose. Darmkrebs würde mir noch in meiner Sammlung fehlen! Aber das ist, glaube ich, verständlich! Ich bekam eine kleine Narkose und habe nichts gespürt. Es wurde ein kleiner Kappenpolyp kleiner als drei mm entfernt. Die nächste Wiedervorstellung ist in drei Jahren vorgesehen. Durch die enormen Verwachsungen im Unterbauch, konnte die Ärztin nur mit einem Kinderendoskop die Untersuchung vornehmen. Ich brauchte mir aber keine Sorgen zu machen, außer enormen Verwachsungen im Unterbauch hatte ich nichts. Da ich von der OP immer noch Beschwerden im Unterbauch habe, ist bei jeder Untersuchung die große Angst da, dass man etwas entdecken könnte. Das ist jetzt alles doch schon so lange her. Psychisch und körperlich ging es mir nicht so gut, aber ich lasse es mir aber nicht anmerken. Ich kann auch bald nicht mehr die ganzen Termine wahrnehmen, da ich es körperlich wie psychisch bald nicht mehr ertragen kann. Jede Woche bin ich in dieser Zeit zum Arzt gelaufen. Im Februar 2009 war ich dann beim Radiologen zum MRT und CT. Es hat sich kein neues Tumorgewebe gebildet. Höchstwahrscheinlich hat der linke Harnleiter Verwachsungen bekommen, die durch die Bestrahlung entstanden sind. Dadurch hält sich der Nierenstauung links. Das OP-Gebiet muss noch verheilen. Die Nerven in diesem Bereich sind noch gereizt und bereiten mir noch Schmerzen, aber damit muss ich leben. Der Körper gewöhnt sich sehr schnell an Schmerz. In der Zwischenzeit war ich beim Radiologen, um eine Nierenzintigrafie machen zu lassen. Die Nierenausscheidung ist im grünen Bereich. Ich muss die Niere alle drei Monate per Ultraschall kontrollieren lassen. Der Nierenstau besteht übrigens immer noch. Die OP ist nun schon nächsten Monat ein Jahr her. Ich bin immer noch gehandikapt. Mein Bein ist immer noch mit Lymphflüssigkeit gefüllt und wenn ich mich bewege, dann fühle ich mich oft früher müde als es mir lieb ist. Ich kann meine gewohnten Runden in den Weinbergen nicht mehr so absolvieren, wie ich es früher gemacht habe. Unser neues Zuhause liegt in einer hügeligen Landschaft, so dass es mir beim Spaziergang äußerst schwer fällt, die Steigungen zu bewältigen. Seit der letzten OP, die die schlimmste für mich war, hat sich das Leben schon sehr verändert. Ich werde in nächster Zeit wieder eine Traumapsychotherapie machen müssen, der Arzt hat sie mir dringend angeraten. Es bleibt mir auch nichts anderes übrig. Denn mein Motto ist: Überleben mit Krebs!  Ich darf nicht klagen!!!!




Ein netter Kölner hat mir einmal einen schönen Spruch in mein Gästebuch auf meiner Homepage www.susanne-seifert.de geschrieben, den ich hier einfügen möchte!
Der Kölner sagt:
Et kütt wie et kütt! Un et hätt noch immer jot jejange!
Für „Nicht-Kölner“:
Es kommt wie es kommt, und es ist noch immer gut gegangen!

Hier endet nun meine mit ups and downs gespickte Krankengeschichte, die zur Überlebensstrategie wurde. Ich hoffe, dass dieser Erfahrungsbericht, vielen Menschen Mut machen wird.

....es geht weiter im Tagebuch Helle und Dunkle Zeiten Teil 2 ab 16.10.2009!






 

 

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